Mein erster Schultag

Baraka, Domi und Shabani waren gestern bereits hier und haben die Computer gebracht. Anschließend haben sie die Patchkabel verlegt.

Ein Taxifahrer (ein Freund von Paul) fährt mich raus. Unterwegs halten wir bei seinem Kiosk an, den er mir stolz zeigt. Betrieben wird dieser von einem seiner Söhne. Wir machen Bilder und ich verspreche ihm, dass er Abzüge davon erhält. Auf der Weiterfahrt sehen wir viele Kinder auf dem Schulweg. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es keine. Enteder gehts zu Fuß, oder mit dem Daladala (Kleinbusse mit bis zu 20 Personen besetzt), oder es wird getrampt. Meist halten Lastwagen an und transportieren die Kinder auf der offenen Ladefläche zur Schule.

Wir sind da und Mr. Kotti, der EDV Lehrer, führt mich in vier verschiedene Klassen in denen Unterricht stattfindet. Ich kann mich nicht mehr so genau an meine Schulzeit erinnern, aber mein Besuch hier beginnt mit „Attention“, wobei alle aufstehen und höflich grüßen. Irgendwie trägt das aber nicht zu einer entspannten Situation bei. Die SchülerInnen sind sehr schüchtern.Ich erzähle von Deutschland, von unseren afrikanischen Besuchern in Deutschland, von Ubuntu und natürlich von Linux4Afrika. Nur ganz zögerlich werden Fragen gestellt. Ob sie meine E-Mail Adresse bekommen können. Kreide gibt es keine um sie an die Tafel zu schreiben. Nun gut, die Kleinnen erhalten meine Visitenkarten. Den ersten 10, die mir eine Mail schreiben, verspreche ich eine Ubuntu CD. Wie das klappen soll ist mir nicht so ganz klar, die Schule hat keinen Internetanschluss, nur die ca. 5 km entfernte Verwaltung. Als ich am Abend jedoch meine Mails abrufe, ist eine Mail von Isaac da, der gerne eine CD hätte. Also die bekommt er morgen. Doch weiter mit dem Bericht:

Während das Agumba Team den neuen Raum fertigstellt, gehe ich in den Raum, in dem die PC stehen, die die Schule schon vor unserer Linux4Afrika Spende besaß. Ich will mir die Computer mal näher ansehen. Ich stelle fest, dass von den 20 Tastaturen und Mäusen keine einzige funktioniert. Wir holen also Mäuse und Tastaturen aus dem Linux4Afrika Container, was uns aber auch nicht wirklich weiter bringt. Über 10 Computer besitzen auch kein Netzteil mehr, oder der PC geht halt einfach nicht an. Bei 8 PCs kommt das Geräusch, das man kennt, wenn kein Memory drin steckt. Aha, defekt nehme ich an, oder aber geklaut. Letztere Vermutung erhärtet sich, als ich am Abend feststellen muss, dass ich kein Handy mehr besitze. Also werden wir auch SDRAM liefern, am besten mit Schloss dran 😉

Zwei PCs funktioniern dann endlich. Sie booten Microsoft. Allerdings fehlen einige Färbtöne, die Monitore sind auch nichts mehr wert. An einem DELLL Computer booten wir doch tatsächlich erfolgreich in unser Edubuntu rein, und es funktioniert auf Anhieb. Große Freude kommt auf. Das wollen wir am zweiten funktionstüchtigen PC auch probieren. Die Freude währt nicht lange, nach einer Minute raucht der PC ab, man kann es riechen. Kurz danach fällt der gesamte Strom aus. Das ist häufig so, erfahre ich. Man hat den Generator abgeschalten. Die gesamte Schule ist nicht ans Stromnetz angeschlossen, sondern läuft über einen Generator. Aha, der hat jetzt Lunchtime. Zuvor hat er dies durch eine Spannungsspitze kundgetan, die unseren zweiten PC in einen Dauertiefschlaf versetzt hat. Als der Strom wiederkommt, sind ca 25 Schüler im EDV Raum versammelt und wollen Edubuntu kennenlernen. Ob darauf ein Photoshop installiert ist wollen sie wissen. Also gut, wir fangen mit GIMP an. Sie haben mit meiner Kamera Bilder gemacht (dass mit dem Handy wusste ich da noch nicht ;-)) und sie selbständig per USB auf den Terminalserver übertragen. Anschließend mit GIMP betrachtet und mit OpenOffice einen Text erstellt, der sich schon auf unserer Seite befindet. Meine einzige Aktivität bestand darin, den Terminalserver anzumelden. Nicht schlecht für den ersten Tag. Einige Computerfreaks habe ich auch schon ausfindig gemacht. Die werden morgen vom Unterricht freigestellt und helfen beim Testen. Denn morgen wird das Netzwerk in Betrieb genommen, bevor wir am Donnerstag mit der Lehrerausbildung beginnen. Ich habe den Eindruck, dass es hier einige Schüler gibt, die schon selbst unterrichten könnten. Kenn‘ ich so etwas nicht auch schon aus Deutschland?

Für morgen nehme ich mir ganz fest vor, mehr als einen Liter Wasser mitzunehmen, um dem anbahnenden Kreislauf Kollaps vorzubeugen. Total erschöpft fahre ich am Abend nach Dar es Salaam zurück, wobei das Agumba Team, welches die körperliche Arbeit verrichtet hat, noch erstaunlich entspannt ist 😉

HPM